Unio Mystica - die Visionen der Hildegard von Bingen
am Samstag, 20. April 2024 um 19:30 Uhr
» ehem. Klosterkirche Auhausen
Traum vom Paradies
Maria Jonas: Leitung
Cora Schmeiser, Stefanie Brijoux, Nadine Balbesi, Maria Jonas: Gesang
Susanne Ansorg: Fidel, Glocken, Gesang
„Dann sah ich eine ganz durchsichtige Atmosphäre.
In ihr vernahm ich auf wundersame Weise den unterschiedlichen Klang von Harmonien:
Lobgesänge, Klagelieder und den aneifernden Gesang der Himmelskräfte.
Und dieser Klang, der wie eine Menge von Stimmen in harmonischem Gesang aus der Höhe ertönte,
brachte Folgendes zum Ausdruck….“
(Hildegard von Bingen, Liber SCIVIAS, 13. Vision des 3. Teils)
Traum und Vision berührten sich im Mittelalter eng – anders als in der jüngeren Moderne. Das mittelalterliche Träumen konnte in Visionen übergehen und umgekehrt. Träume und Visionen wurden erzählt – und oft auch niedergeschrieben. Und in diesem Zusammenhang muß die berühmte Seherin Hildegard von Bingen genannt werden.
Hildegards Visionen führen tief in die innerste Mitte der Schöpfung. In ihrer Musik, in ihrer Schau von Licht- und Klangerscheinungen strebt sie die "Unio Mystica" an, die himmlische Vereinigung mit Gott. Der Überlieferung nach begann Hildegards visionäre Begabung bereits im Alter von drei Jahren, als sie ein überaus helles Licht sah. Seit diesem Erlebnis wurde sie regelmäßig Zeugin von Schauungen. Ihr erstes Visionswerk, welches sie aufschrieb war das »Liber Scivias«, dem eine Reihe weiterer Schriften folgten. Hildegard empfand die Niederschrift als einen göttlichen Auftrag und wurde sogar krank, als sie sich anfangs weigerte, diesem Auftrag nachzukommen. Hildegard wurde von einem strahlenden Licht wie ein Blitz getroffen und vernahm dabei eine innere Stimme, die folgendes sagte: »Schreibe auf, was du siehst, und sage, was du hörst!«. Hildegard beschreibt die Visionen weiter als ein Emporsteigen ihres Geistes zu Gott, wobei der göttliche Impuls wie blitzendes und feuriges Licht ist, welches aus dem offenen Himmel herabkommt.
Hildegards umfassendes Welt- und Menschenbild zeigt sich in besonderer Weise in ihren Liedern, der „Symphoniæ“, die sie in ihren Auditionen erfahren hatte. Im Gesang erkennt Hildegard eine Möglichkeit, die seelischen und emotionalen Kräfte des Menschen zu wecken und auf sie einzuwirken, denn die Seele des Menschen ist nach göttlichem Abbild klingend gestaltet und damit „symphonisch“ gestimmt: "anima symphonialis est". Hildegard weist hier auf den vielschichtigen Begriff vom harmonischen Aufbau der Seele hin: Sie ist Abbild des gewaltigen Kosmos, einer "musica mundana", der Harmonie aller Sphären. "Und so hat jedes Element seinen eigenen Klang, einen Urklang aus der Ordnung Gottes." Auch des Menschen Seele hat "tief in sich diesen schön geordneten Urklang, und sie ist selber die Melodie des so schönen Klanges“.
Wir können Hildegards Zeitgenossen nur danken, dass sie die Notwendigkeit erkannten, diese Lieder aufzuschreiben. Wir finden sie vor allem in zwei Handschriften: der Hs Dendermonde (geschrieben im Ruoertsberg um 1175)
und dem Wiesbandener Riesencodex, der erst nach dem Tod Hldegards fertiggestellt werden konnte. Darum sind wir heute in der Lage, ihre Gesänge aufzuführen, die uns in eine himmlische, ja traumhafte Atmosphäre, entführen. Wo verläuft hier die Grenze zwischen Vision, Traum und Wirklichkeit?
Ars Choralis Coeln – eine Frauenschola deren „unverwechselbares Markenzeichen klangliche Farbigkeit mit ausgeglichenen und doch individuell timbrierten Stimmen ist, eine vokale Einheit in Sachen Intonation, sensibler Musikalität, geeint im Streben nach authentischer Gestaltung“ (Detlef Bielefeld).
Die Suche nach einer authentischen Gestaltung schließt zeitgenössische Elemente und Experimentierfreude mit ein. Das Ensemble ist über mehrere Jahre in kontinuierlicher Arbeit und Besetzung zusammen gewachsen und teilt sich vor dem Konzert auch noch hungrig „das letzte Butterbrot“ – oder den Lippenstift.
Das international besetzte Frauenensemble gab 2004 in der Kölner Romanischen Nacht sein großes Debütkonzert. Seit dieser Zeit hat es das Ensemble geschafft sich national wie international in der Mittelalter-Musikszene zu etablieren. Auch zahlreiche Tonträger legen klangliches Zeugnis ab. Im Mittelpunkt des Repertoires steht die Musik von Frauenklöstern des Mittelalters. Dazu gehört an erster Stelle die Musik der rheinischen Äbtissin Hildegard von Bingen, die in zahlreichen Handschriften überlieferte Musik der Beginen und der Devotio Moderna.
Fotograf: Bassem Hawar
Um 18:00 Uhr bieten wir eine kostenlose Kirchenführung an. Dazu ist keine Anmeldung erforderlich.
Musik, die einst Hildegard von Bingen schuf
Friedrich Wörlen vom 22.04.2024
Anfahrt und Zugang über Stock und Stein, der „Konzertsaal“ eine Baustelle und noch winterkalt – echte Freunde Alter Musik und hartgesottene Stammgäste lassen sich durch solche Nebenaspekte nicht von einer Pilgerreise nach „ahuse“ abhalten, erst recht nicht, wenn es um die Visionen er Hildegard von Bingen geht, der Prophetin der „Unio Mystica“; angeboten vom Ensemble „Ars Choralis Coeln“.
Das Programm folgte in musikalischer Beziehung der Gottesdienstordnung der Vesper, des klösterlichen Abendgebets, wie es die mittelalterliche Mystikerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen während ihres Klosterlebens von 1112 bis 1179 täglich vollzog. Folglich war Latein die Sprache des Abends, und die Zuhörer fühlten sich ein bisschen wie das unmündige Kirchenvolk vor der Reformation, aber trotz der begrenzten Möglichkeiten des zwölften Jahrhunderts gelang es dem Ensemble, der „Gemeinde“ die andächtige Stimmung und den Charakter jeweiligen Stücke zu vermitteln. Selbst unter der flachen Holzdecke des Auhausener Kirchenschiffs wurden die Emotionen der Sehnsucht und Hingabe der „Sponsa Christi Hildegardis“ im dreiteiligen „Invitatorium S. Hildegardis“ oder der freudigen Erregung im „Hymnus in assumptione beate marie virginis“ spürbar. Regelmäßig erhoben sich die glockenreinen Stimmen im Wechsel von Vorsängerin und Ensemble, je nach Komposition a capella oder über einem Tongeflecht aus Glocken, Fidel und Harfe in die Höhe des Kirchenraums, und der Zuhörer fragte sich wie die Musik geklungen hätte, , wäre der gotische Chor mit dem bekannten Altar von Hans Schäufelein optisch und akustisch in das Geschehen mit einbezogen gewesen.
Das Ensemble aus fünf hochqualifizierten Musikerinnen bot zwar klösterliche Musik, das äußere Erscheinungsbild und das Auftreten war aber eher höfisch und optisch-wirkungsbewusst. Nur die Leiterin Maria Jonas hatte sich - wenigstens der Farbe nach – in nonnenhaftes Schwarz gewandet, ohne allerdings auf Goldschmuck, wie er vielleicht von der Äbtissin Hildegard getragen werden konnte, zu verzichten.
Natürlich geizte das Publikum trotz der sakralen Aura nicht mit Beifall, und nach dem erhellenden Schlusswort der „Äbtissin“ schlossen die fünf Musikerinnen den Abend mit einem Osterchoral der Beginen aus dem sechzehnten Jahrhundert, bei dem die Strophen lateinisch, der Refrain aber deutsch (und im reigenhaften Dreiertakt) gesungen wurden.
Downloads zum Programm 2024
Musica Ahuse e.V. vom 29.01.2024
Hier finden Sie das Konzertprogramm und die Plakate zum Download:
musica-ahuse-konzertprogramm-2024.pdf (593 kB)
2024-04-20-plakat_ars_choralis_coeln-rkt.pdf (366 kB)
2024-06-15-plakat_duo_enssle_-_lamprecht.pdf (6106 kB)
Musica Ahuse e.V.
Klosterhof 4 · 86736 Auhausen
Bitte reservieren Sie Eintrittskarten ausschließlich HIER (Konzerte -> Karten)
www.musica-ahuse.de